Die Videoskulpturen des Schweizer Künstlers MARCK sind mehr als eine simple Kombination von Video und Skulptur: Sie sind die logische Folge einer intensiven Auseinandersetzung MARCKs mit Filmen und Videos, multimedialen Projekten, Perfomances, Musik und skulpturalen, kinetischen Objekten. Lange Jahre der Arbeit mit diesen Medien haben ihm ihre Grenzen und Möglichkeiten aufgezeigt und somit das Fundament für jene Werke geschaffen, die seit 2001 entstanden sind. Ausschlaggebend für die Videoskulpturen war u.a. seine Unzufriedenheit mit der langweiligen Präsentation von Filmen auf Monitoren, weshalb er schließlich begonnen hatte, diese umzubauen, um einerseits dem Medium Skulptur ihre Statik zu entziehen und andererseits dem Medium Film/Video reale Grenzen zu setzten.
Zentraler Aspekt in MARCKs Werken ist die Auseinandersetzung mit dem Menschen und seiner
Gefühlswelt – die Suche nach einer Verknüpfung zwischen äusseren Einflüssen und inneren Zuständen.
Seine Akteure sind immer Frauen, die sich des künstlerischen (und künstlichen) Raumes um sie herum
bewusst sind und diesen mit ihrem Körper ausloten. Mitunter wirken sie eingesperrt wie in den
Installationen "Frauenkiste" (2007) und "Türkisches Bad" (2009), bewegen sich auf gefährlichem Terrain
wie in den Wandobjekten "Dornen" (2008) und "Sichel" (2009) oder zwischen den Elementen Wasser und
Luft wie in der Installation "human air system" (2005). MARCK selbst sieht seine Werke als emotional
verortete Medienskulpturen, die nicht nur physische, sondern auch psychische Grenzen ausloten.
Die Frauen in MARCKs Video-Installationen sind in engen Räumen eingesperrt. Sie fungieren als Symbol
für den jenen eingeschränkten, gesellschaftlichen Handlungsraum, in dem sich Frauen sehr oft
wiederfinden, ebenso wie für Muster zwischengeschlechtlicher Beziehungen und Kommunikation. Die
Frauen sind in ihrer Bewegung eingeschränkt, nutzen diese aber um die engen Räume, die ihnen zur
Verfügung gestellt wurden, zu erforschen – in der Hoffnung, dass sich deren Grenzen und physische
Beschränkungen durch ihre Aktionen auflösen mögen.
Die jüngste Installation des Künstlers erweitert den physischen um einen historisch-soziokulturellen
Raum: In "Maria" (2009) sucht eine junge Frau das Kostüm der Heiligen Jungfrau abzulegen, sich aus
ihrer beschützenden Geste und somit dem ihr anhaftenden Frauenbild zu befreien. Dennoch möchte
MARCK seine Kunst nicht als Sprachrohr für typische und vermeintlich offensichtliche Frauenthemen
sehen, sondern wählt die Frau als Symbol für seine gesellschaftlichen Beobachtungen. Seine Werke
sollen keine Antworten geben, nicht gezielte Interpretationen zu bestimmten Themen liefern, sondern
Fragen aufwerfen und Überlegungen anregen.
Die ihm zur Verfügung stehenden technischen Mittel erlauben es MARCK Grenzen der Wahrnehmung zu
überschreiten. Das Video ist nicht nur überbringer einer Botschaft, einer visuellen Nachricht, sondern
erhält mit dem skulpturalen Rahmen eine räumliche Dimension, die er wiederum zu durchbrechen sucht,
indem er z.B. in "Dusche" (2008) Wasser aus dem Rahmen austreten, in "Sichel" (2009) ein Pendel aus
dem Lichtkasten schwingen lässt oder in "Kreuz" (2009) eine gekreuzigte Frau aus Videofragmenten
zusammen setzt. Zufälligkeiten lässt er dabei nicht zu, sondern baut auf exakten inhaltlichen und
technischen Vorstellungen auf. Die Technik an sich steht jedoch nicht im Vordergrund, sondern ist nur
Mittel zum Zweck – ein Organ für MARCKs Beobachtungen und seinen Drang, bestimmte Gefühle zu
evozieren.
MARCKs Videoskulpturen und –installationen offerieren uns BetrachterInnen Möglichkeiten, unsere
physischen und psychischen Einschränkungen (neu) wahrzunehmen und zu durchbrechen.
Eine Frau mit schwarzen, langen Haaren liegt auf dem Rücken in einer blau gekachelten Badewanne,
die kleiner ist als sie selbst, und sieht den Betrachter zufrieden an. Sie dreht sich zunächst auf die eine
Seite, dann auf die andere, dann wieder auf den Rücken, den Blick auf die Betrachterin gerichtet. Danach
macht sie einen Purzelbaum, schwimmt wieder in die Ausgangsposition und schaut. Dann beginnt der
ganze Bewegungsablauf als endloser Loop wieder von vorne. "Türkisches Bad" heisst diese
Videoskulptur von Marck. Die Badewanne als Lebenswelt, in der es warm und gemütlich ist und die eine
klar begrenzte und definierte Bewegungsfreiheit bietet. Es sind zwar vier Drehungen und gar ein
Purzelbaum möglich, aber das ist auch schon das Ende der Freiheit. Die Frau im türkischen Bad wird nie
aufstehen und ihre Lebenswelt (die Badewanne) verlassen.
Der Inhalt von Marcks Videoskulpturen bewegt sich immer auf einem Screen, der ursprünglich ein
Röhrenmonitor oder ein LCD war. Die Hülle der Screens wird auseinander genommen, neu kreiert oder
umgebaut. Wichtig dabei ist, dass die Hülle immer dem Inhalt entspricht und somit selbst zu einer
Aussage wird. In der "Frauenkiste" beispielsweise wurden die Monitore zu einer Kiste umgebaut, in der
eine Frau eingeschlossen ist.
Marcks Videoskulpturen zeigen, wie ein Mann Frauenwelten und Beziehungsmuster zwischen Männern
und Frauen sieht und reflektiert. Der Mann schliesst Frauen in Kisten ein oder legt sie in Badewannen,
worin sich die Frauen einrichten in der Hoffnung, dass sich die Hülle beziehungsweise Lebenswelt
um sie herum vielleicht einmal auflösen wird - ohne ihr eigenes Dazutun.
An Marcks Videoskulpturen gibt es nichts Ungeplantes oder Zufälliges. Zuerst hat er eine Vorstellung
vom Inhalt der Skulptur, dann beginnt er mit der Konstruktion. Es geht ihm also nicht um Spielerei
mit der Technik selbst, sondern die Elektronik wird Mittel zum Zweck, sprich: Überbringerin des Inhaltes.
Genauso ist es mit der Hülle, mit der Verpackung des Inhaltes. Marck hat in den 90er Jahren für Zürcher
Clubs Videoinstallationen hergestellt. Der Inhalt der Installationen wurde für ihn nach kurzer Zeit
selbst starr und langweilig. Die Suche nach Auflösung der Grenze zwischen Inhalt und Hülle begann.
Mittlerweile hat er die Grenzen zwischen Inhalt und Medium gesprengt. Das Medium, die Hülle der
Skulptur, ist selbst Inhalt und Aussage geworden.
Vertreten wird Marck durch die Galerien Lichtfeld in Basel Seit 2004 sind die Skulpturen u.a. mit der
Kunstmesse Scope weltweit auf Reisen. Stationen waren New York, Miami, Istanbul, Basel, London und
die Ars Electronica in Linz. Sehen kann man Marcks Skulpturen in der Krupp Sammlung im Bosten
Museum in den USA, im Grande Finale Museum in Frankreich, im Dosan Artcenter in Korea oder im
Artcenter Borusan in Istanbul. Und die Videoskulpturen stehen neben Installationen von Nam June Paik
bei diversen privaten Sammlern zu Hause.
Die Auseinandersetzung mit Marcks Videoskulpturen erhält mit dem Kauf eine weitere Dimension.
Ab diesem Zeitpunkt hat der Besitzer etwa 15 Jahre Zeit, um eine Entscheidung zu fällen. Der Screen
wird nach dem Kauf für etwa 15 Jahre laufen, bevor ein Teil repariert werden muss. Es liegt also in den
Händen des Käufers, ob er die Frau für weitere 15 Jahre in der Badewanne schwimmen lässt…